Tag 60-66 u. 69-72 Costa Rica - Isla Violin Eco-Lodge

Wir entscheiden uns für ein Volunteering in Costa Rica aus verschiedenen Gründen. Zum einen haben wir noch zweieinhalb Wochen Zeit, bis Merle und Tim aus Deutschland ankommen und wir mit ihnen dreieinhalb Wochen durch Costa Rica, Panama und Kolumbien reisen. Zum anderen haben wir in Guatemala alles gesehen, was wir sehen wollten und die Länder Honduras, El Salvador und Nicaragua waren uns zu unsicher. Costa Rica dagegen ist ein recht teures Reiseland, vor allem jetzt in der Hochsaison. Nach zwei Monaten und kurz vor Weihnachten und Neujahr haben wir das Gefühl eine Reisepause zu brauchen. Durch das Volunteering wollen wir uns eine Zeit lang an einen Ort binden, uns einleben und in mitten in einer costaricanischen Familie die Feiertage erleben.

Vorweg können wir sagen, dass die Familie uns sehr gut aufgenommen hat und wir definitiv abschalten konnten. Weihnachten hingegen ist für uns leider ausgefallen, da die Familie kein Weihnachten und auch andere Feiertage nur spärlich feiert. Für Silvester sind wir daher für zwei Tage dem Dschungel-Leben entflohen um in der Zivilisation in Drake Bay den Start ins neue Jahr zu feiern.

Wie sind wir zu dem Volunteering gekommen? Noch in Guatemala haben wir über die App Worldpackers und andere Internetseiten versucht ein passendes Volunteering Programm zu finden. Wir wurden auf die Eco-Lodge Isla Violin mitten im Dschungel in den Mangrovenwäldern der Terraba Sierpe aufmerksam und schrieben sie auf Facebook an. Das Angebot lautet fünf Stunden täglich für fünf Tage die Woche arbeiten und dafür kostenfrei übernachten. Für 15 Dollar am Tag pro Person gibt es drei Mahlzeiten. Das klang fair und so lassen wir uns auf das Abenteuer im Mangrovendschungel ein. 

Nachdem wir uns am Morgen von Alonso in San Jose verabschieden, steigen wir in den Bus nach Sierpe, wo wir nach einer fünfeinhalb-stündigen Fahrt ankommen. Bei einem Mittagessen im Restaurant neben der Anlegestelle sehen wir plötzlich rote Aras im Baum sitzen und die Früchte bzw. Nüsse des Baumes essen. Sie sind fast zum Anfassen nahe und wir sind fasziniert darüber die Tiere in der freien Natur zu sehen.

Zweieinhalb Stunden später fährt unser Sammelboot los. Es fahren drei volle Boote mit Gästen ab, wovon wir die einzigen sind, die auf die Isla Violin fahren. Der eine Kapitän gibt den vertrauenerweckenden Kommentar "Perdida en la Isla Violin" ab, was so viel heißt wie "verloren auf der Insel Violin". Wir sind gespannt was uns erwartet und genießen die Bootsfahrt entlang des Flusses, vorbei an der üppigen Fauna. 

Nach einer halben Stunde etwa werden wir langsamer und steuern auf ein anderes Boot zu. Uns war vorher nicht bewusst, dass wir nicht irgendwo am Ufer abgeholt werden, sondern mitten auf dem Fluss, wo es heißt von einem Boot ins andere zu klettern. Eine ältere Frau mit zwei Kindern erwarten uns auf dem Boot. Janet ist die Mutter der drei erwachsenen Kinder Elizabeth, Giovanni und Alberto. Die ersten beiden wohnen und arbeiten in der Eco-Lodge, wohingegen Alberto Tour-Guide in Drake Bay, einem Ort etwa eine Stunde mit dem Boot entfernt, ist. Die beiden vier und sechs Jahre alten Jungs sind Antonio und Joshua. Antonio ist der Sohn von Elizabeth und ihrem Mann Andi.

Joshua ist der Sohn von Giovanni und seiner Frau Rosa. 

Weitere Familienmitglieder sind Carlos, der Exfreund von Janet, der allerdings weiterhin auf dem selben Grundstück lebt, sowie die vier Hunde der Familien, darunter Doggy, der Haushund mit ADHS.

Nach einer zehnminütigen beeindruckenden Fahrt durch die Mangrovenwälder kommen wir an und werden von Carlos begrüßt, der uns beim Anlegen mit dem Boot hilft. Es ist gerade Flut und der Steg ist überschwemmt, weshalb wir unsere festen Schuhe und Socken ausziehen und durch das Wasser und den Matsch zum Festland waten müssen. Mit Sack und Pack geht es die 107 Stufen hoch, bis wir ein Haus mit dem Schild "Eco-Lodge Isla Violin" vor uns sehen. Das Abenteuer "Volunteering im Dschungel" beginnt...

Wir werden von den anwesenden Familienmitgliedern willkommen geheißen und Elizabeth führt uns etwas herum und zeigt uns unsere Hütte. Sie liegt etwas abseits des Haupthauses, wie alle anderen Dschungel-Hütten der Lodge und ist, statt von Wänden, nur mit einem Netz umspannt. Innen befindet sich ein Doppelbett, ein Hochbett und ein Holzregal, welches bereits sichtlich unter den zahlreichen Termiten gelitten hat, gegen die man hier im Dschungel ständig ankämpft. Eine Tür führt hinaus in das "Badezimmer", welches sich im Garten mitten in der Natur befindet. Es erwarten uns viele Duschen unter Sternenhimmel sowie zahlreiche Besuche von den schwirrenden und farbenfrohen Kolibris, die sich an der Vielzahl der Pflanzen in unserem Freiluft-Badezimmer erfreuen.

Wir machen uns nach der langen Anfahrt erstmal wieder frisch und gehen anschließend wieder runter zum Haupthaus. Wir sprechen ein bisschen darüber was uns in den nächsten zwei Wochen erwartet und welche Erfahrungen wir mitbringen. Gegen 19 Uhr kommen die derzeit einzigen Gäste zurück von ihrer Kajak-Tour mit Giovanni. Sie kommen aus Deutschland und bereisen Costa Rica mit einem Mietwagen. Zu viert essen wir zu Abend an dem Tisch im Restaurant-Bereich, während die Familie in der Küche isst. Das Essen ist sehr lecker, wir haben Glück, dass Andi Chef-Koch in einem Restaurant war und mit viel Spaß und Liebe bei der Sache ist, wenn er das Essen zubereitet. 

 

   

Beim Abendessen erfahren wir von dem deutschen Paar schon viel über die Pro's und Con's der Eco-Lodge und sind schon gespannt auf unsere eigenen Erfahrungen. Wir gehen früh ins Bett und sind überrascht, wie viel Lärm Grillen nachts machen können. Bei all den Dschungel-Geräuschen im Hintergrund fallen wir in einen tiefen und erholsamen Schlaf.

Schon am ersten Tag unseres Volunteerings merken wir, wie viel zu tun ist. Martin hilft Andi im Laufe der nächsten zwei Wochen dabei eine neue Dschungel-Hütte zu bauen und die vier bestehenden Hütten in Schuss zu halten. Dafür müssen Sand-Säcke geschleppt, der Boden begradigt, Bambus gesäubert und gebacken werden und vieles mehr. In den bestehenden Hütten werden, von Termiten zerfressene, Bambus-Streben ausgetauscht und Türen repariert. Moni hilft dabei die Küche sauber zu machen und von den unzähligen Spinnennetzen zu befreien sowie die Dschungel-Hütten für ankommende Gäste zu reinigen. Elizabeth zeigt Moni, wie man aus Handtüchern Schwäne formt und Servietten faltet. Andere Aufgaben für uns bestehen darin in der Küche bei der Vorbereitung des Abendessens zu helfen, Tisch zu decken und das Essen zu servieren. Auch die von Tieren angefressenen Holz-Sessel könnten mal wieder einen neuen Anstrich gebrauchen, weshalb erstmal die Farbe abgeschmirgelt werden muss. Garten gießen, Unkraut jäten, Wege harken, ... Die Aufgaben lassen sich unendlich weit fortsetzen. Manche Aufgaben sind anstrengender, andere weniger. Fünf Stunden am Tag reichen nicht aus, um etwas zu bewirken. Wir arbeiten jeden Tag länger, weil viel zu tun ist und es außer Arbeiten nicht viel andere Beschäftigungsmöglichkeiten auf der Insel gibt. Der nächste Strand ist zu Fuß 50 Minuten entfernt und der schmale Weg führt quer durch den Dschungel, weshalb wir uns das für unseren freien Tag aufsparen.

Wir genießen es, etwas handwerkliches zu tun und produktiv zu sein. Unsere Fitness dankt uns ebenfalls dafür. Wir arbeiten hart und gewinnen damit in Windeseile die Herzen der Familie. Sie freuen sich über unsere Unterstützung und wollen uns am liebsten nicht wieder gehen lassen. Nach ein paar Tagen sagen sie uns, dass sie die 15 Dollar für unsere Mahlzeiten auf 10 Dollar pro Person reduzieren wollen, was uns sehr entgegen kommt. Dennoch kommt uns das Konzept zu Arbeiten und dafür noch zu bezahlen noch immer merkwürdig vor, selbst unter dem schicken Namen "Volunteering". Trotz des kleinen Obolus und der harten Arbeit genießen wir die Zeit in der Familie sehr.  Nachdem wir ein gewisses gegenseitiges Vertrauen aufgebaut haben, sitzen wir viele Abende zusammen mit Elizabeth und sprechen darüber, was unserer Meinung nach verbessert werden könnte. 

Vor allem die Preispolitik sollte unserer Meinung nach überdacht werden. Denn mit 100 Dollar pro Paar und Nacht liegen sie im obersten Preis-Bereich der Unterkünfte in der Gegend und sind damit nicht wettbewerbsfähig. Die Hütten sind eher rustikal und bieten neben dem Abenteuer-Faktor keinerlei Luxus. Auch an der geringen Anzahl an Gästen, die in den zwei Wochen da waren, merkt man, dass am Preis und/oder am Marketing geschraubt werden muss. Zusammen setzen wir uns daran, die Hütten auch bei Airbnb anzubieten und das zu einem geringeren Preis. Die Eco-Lodge hat mit ihrer einzigartigen Lage viel zu bieten und ermöglicht es den Gästen die Natur hautnah zu erleben. Neben Kajak-Touren durch die Mangroven-Wälder können Nachttouren und Vogelbeobachtungen durch den hauseigenen Dschungel gestartet werden sowie die Finca besucht werden, wo die Kühe und Hühner leben und Obst und Gemüse angebaut wird. Neben dem Anbau von Lebensmitteln ist auch die Strom- und Wasserversorgung 100% nachhaltig. Die Eco-Lodge produziert ihren Strom komplett aus erneuerbaren Energien. Solaranlagen und eine kleine Wasserturbine decken den kompletten Strombedarf. Der Dieselgenerator steht nur für Notfälle zur Verfügung. Das Leitungswasser stammt direkt aus einer Quelle und ist trinkbar. Moni wird es auf der weiteren Reise vermissen direkt aus dem Wasserhahn solch kostbares Quellwasser trinken zu können. Auch die Tour zum nahegelegenen und berühmten Corcovado Nationalpark, welcher zu den schönsten Nationalparks Costa Ricas zählt, wird von der Eco-Lodge angeboten. Dieses sind nur einige Beispiele, die die Gegend um die Isla-Violin und die Eco-Lodge selbst zu einem lohnenswerten Abenteuer machen.

An unseren freien Tagen haben wir die Möglichkeit bekommen an einer Mangroven-Tour teilzunehmen, die von einer indischen Familie, die in den USA lebt, gebucht wurde. Sie sind in Drake Bay untergebracht, wo aufgrund der Hochsaison die Guides rar werden. Giovanni soll einspringen, spricht aber kein Englisch, weshalb Moni als Übersetzerin einspringt. Im Eiltempo lesen wir noch etwas über die Mangroven und lassen uns die wichtigsten Vertreter der lokalen Tierwelt erklären, um den Gästen möglichst viel erzählen zu können. Wir genießen einen tollen Tag auf der Bootsfahrt mit anschließendem Picknick am Strand. Nachdem die indische Familie abreist, verbringen wir noch einige weitere Stunden an dem ruhigen und wunderschönen Strand. Auch eine Dünnschlange (engl.: Parrot Snake) leistet uns zwischendurch Gesellschaft. Zum Glück ist sie nicht giftig, weshalb sich Martin für ein Foto besonders nah heran traut.

Für unseren zweiten freien Tag nehmen wir uns die Wanderung zum Strand auf unserer Insel vor. Wir statten uns mit einer Tupperdose voll Obst aus und machen uns auf den Weg mit der Machete in der Hand. Der Weg ist nicht ausgeschildert und wir folgen der Zeichnung, die wir von Giovanni bekommen haben. Die meiste Zeit ist der Trampelpfad gut ersichtlich und ohne Probleme machbar. Ab und zu wird es dann doch unwegsamer und wir versuchen ihn bestmöglich von im Weg hängenden Zweigen und Ästen zu befreien. Nach ein paar Rutschpartien, aufgrund von etwas steileren Abschnitten, kommen wir endlich an dem fast einsamen Strand an. Wir genießen die Ruhe vor dem Sturm, bevor zahlreiche Boote nach einer Schnorcheltour ihre Touristenmassen zum Mittagessen auf die Insel ergießen. Nach einem Mittagsschläfchen in der Hängematte und einem obligatorischen Sprungfoto vor malerischer Strandkulisse machen wir uns auf den Rückweg bevor es dunkel wird.

Am nächsten Tag ist der 31.12.2018 und wir fahren nach Drake Bay, um dort Silvester zu feiern und von dort aus die Tour zum Corcovado Nationalpark zu machen. Hierzu findet ihr einen separaten Blog Eintrag. Giovanni und die Kids bringen uns zum Boot und wir verabschieden uns für unseren Kurzausflug. 

Nach zwei tollen Tagen machen wir uns früh morgens wieder auf zurück zur Eco-Lodge. Um 7:30 Uhr fährt bereits das Boot und nach einem erneuten Umstieg auf dem Fluss, kommen wir gegen 8:30 Uhr wieder bei der Eco-Lodge an. Passend zum Frühstück. Die letzten drei Arbeitstage brechen an und zwei Schweizerinnen kommen als Gäste für drei Nächte. Die Neuankömmlinge werden am Abend von Waschbären und Kinkajous begrüßt. Auch zahlreiche andere Dschungelbewohner geben sich in unseren zehn Tagen in der Eco-Lodge ihr Stelldichein. 

 

  

Der kleine Antonio gewöhnt sich immer mehr an uns und freut sich, wenn wir beide tanzen und möchte dann auch sofort mit Moni tanzen. Am Ende will er uns und vor allem Moni gar nicht mehr gehen lassen. Anhänglich sucht er Monis Nähe und schmiedet Pläne wie er ihr Herz erobern und Martin loswerden will. 

Zum Abschied bekommen wir noch zwei selbstgemachte Schlüsselanhänger als Erinnerung an die Eco-Lodge und unsere neu gewonnene costaricanische Familie geschenkt.

Die ganze Familie steht am nächsten Morgen auf, um uns um 6:30 Uhr zu verabschieden. Wir müssen so früh (und eigentlich noch viel früher) los, da Ebbe ist und um neun Uhr der Tiefstand erreicht ist. Giovanni fährt uns und die beiden Schweizerinnen Marianne und Anna zurück nach Sierpe und gibt uns auf dem Weg noch eine unglaublich schöne und unvergessliche Tour durch die Mangrovenwälder. Wir sehen viele verschiedene Vögel, u. a. auch Aras, Affen und Martin entdeckt sogar ein Krokodil.

An einer Stelle wird das Wasser so seicht, dass wir auflaufen. Da hilft nur Aussteigen und Schieben! Für einen kurzen Moment schaut es so aus als hätte uns die Ebbe zu fest im Griff, aber Martin und Giovanni schaffen es mit vereinter Kraft, das Boot zu befreien.

  

Wir verabschieden uns von Giovanni und freuen uns, dass die beiden Schweitzer Marianne und Anna so lieb sind und uns mit ihrem Mietwagen bis zu unserer Unterkunft in Uvita fahren. Sie fahren anschließend weiter nach Manuel Antonio und wir freuen uns aufs weiter reisen, nach einer interessanten, intensiven und schönen Zeit im Dschungel. 

Alle Bilder und Videos unseres Aufenthalts in der Eco-Lodge findet Ihr hier: Costa Rica - Isla Violin