Tag 107 Kolumbien - Medellín Pablo Escobar Tour


Medellín - Pablo Escobar Tour

Gegen 9 Uhr holt uns unser privater Tourguide ab und wir fahren zum ehemaligen Wohnsitz von Pablo Escobar. Auf der kurzen Fahrt werden uns einige Details zu den Jugendjahren des einstigen Anführers des Medellín Kartels erzählt.

Pablo Emilio Escobar Gaviria wurde in der Stadt Rionegro im Departamento de Antioquia als drittes von sieben Kindern eines Viehzüchters und einer Lehrerin geboren. Zusammen mit seinem Cousin Gustavo „El León“ Gaviria verbrachte er seine Jugend auf den Straßen und in den Bars des Medellíner Rotlichtbezirks. Im „Barrio Antioquia“ von Medellín machte er Bekanntschaft mit lokalen Unterweltgrößen. Er fängt an Marihuana und Zigaretten zu schmuggeln, klaut Grabsteine und Autos und entführt mit seiner Bande reiche Bürger, um Lösegeld zu erpressen. Im Alter von 21 Jahren erdrosselt er trotz Erhalt des Lösegeldes den unbeliebten Industriellen Diego Echavarría. Mitte der 1970er-Jahre wurde der Marihuanahandel durch die Modedroge Kokain abgelöst. Zusammen mit den Ochoa-Brüdern, Carlos Lehder und José Rodriguez Gacha, gehört Pablo Escobar zu den Pionieren in diesem neuen Boom-Geschäft. In wenigen Jahren baut Escobar mit seinem Medellín Kartell ein riesiges Drogenimperium auf und bring mit seiner Grausamkeit und Skrupellosigkeit den Rechtsstaat Kolumbien ins Wanken. "Plata o Plomo“, übersetzt "Silber oder Blei", lautet sein Motto. Jeder, der es wagt gegen Pablo Escobar vorzugehen wird bestochen oder ermordet. So fallen ihm in nur wenigen Jahren nicht nur seine Rivalen im Drogengeschäft, sondern auch hunderte Polizisten und etliche Anwälte, Richter und Politiker zum Opfer. Ein Polizistenleben ist Pablo 1.000.000 Pesos wert, umgerechnet sind das knapp 1.300 Euro...


1976 heiratet Escobar die 15-jährige María Victoria Henao Vellejo. Aus der Ehe gehen seine zwei Kinder Juan Pablo und Manuela hervor. Auf dem Gipfel seiner Macht zog es Pablo Escobar schließlich in die Politik. Um politische Immunität zu erlangen und sich dadurch vor Strafverfolgung zu schützen, ließ sich Escobar 1978 in den Stadtrat Medellíns und 1982 in den kolumbianischen Kongress wählen. Als Mitglied der liberalen Partei, befand er sich auf dem Gipfel seiner Popularität und wurde „Paisa Robin Hood“ genannt. Er finanzierte Krankenhäuser, Sozialwohnungen, Fußballplätze und Schulen. Doch wie viele Sozialprojekte braucht es, um die dunklen Machenschaften des Drogenbarons rein zu waschen?!?

Anfang 1984, Escobar kontrolliert 80% des kolumbianischen Kokainmarktes, eskaliert die Auseinandersetzung mit der Regierung. Escobars Haupt-Drogenlabore Tranquilandia und Vila Coca werden durch Beamte des kolumbianischen Justizministeriums mit Unterstützung der US-amerikanischen Drogenfahndung DEA zerstört. Wenige Monate später wird der verantwortliche kolumbianische Justizminister Rodrigo Lara Bonillas am 30. April 1984 auf Veranlassung von Escobar ermordet.


Ab Mitte der 1984er Jahre herrscht ein regelrechter Drogenkrieg in Kolumbien. Das Cali-Kartell lässt eine Autobombe vor Pablo's Haus explodieren und macht dem Medellín-Kartell Konkurrenz. Linke Guerillas, Gangs, Kartelle, Polizei und Militär liefern sich blutige Auseinandersetzungen. Es explodieren hunderte Autobomben und ein Flugzeug mit 107 Insassen. Das Land versinkt im Chaos. Erst nach dem Tod von Pablo Escobar im Jahr 1993 findet das Land langsam wieder zur Ruhe. Die paramilitärische Milizen konnten weitestgehend vertrieben oder entwaffnet werden. Die Mordrate sank drastisch um über 90% von 7.273 Fällen (1991, 266/100.000 Einwohner) auf 577 Fälle (2017, 23/100.000 Einwohner) und liegt heute unter dem Durchschnitt anderer lateinamerikanischer Großstädte. Knapp zwei Tote am Tag sind zwar immer noch viel, aber dieser rapide Wandel ist dennoch bemerkenswert. Durch mutige Politiker, aggressives Durchgreifen des Militärs und massive soziale Bauprojekte durchlebte Medellín in den vergangen zwei Jahrzehnten eine einzigartige Transformation. Der Moral und Größe der Politiker, Polizisten und Militärs, welche sich im Angesicht des sicheren Todes als unausweichliche Folge ihrer Taten trotzdem für den Kampf gegen Pablo Escobar entschieden, gebührt unser tiefster Respekt.

Wir besuchen als ersten Stopp das ehemalige Haus von Pablo Escobar in Medellín. Das graue Hochhaus ist mit Plakaten zum Andenken der gefallenen Polizisten, Politiker und zivilen Opfer behangen. Zu Escobars Zeiten war es luxuriös ausgestattet und diente dem Drogenbaron als Rückzugsort inmitten der Stadt. Wie sich heraus stellt sind wir einige der letzten Besucher des Gebäudekomplexes. Nur wenige Tage nach unserer Abreise aus Medellín wird das Gebäude gesprengt, um Platz für einen Park zum Andenken an die Opfer Escobars Schreckensherrschaft zu machen.


Medellín - Pablo Escobar Tour - Haus im Stadtzentrum


Medellín - Pablo Escobar Tour - Haus im Stadtzentrum

Nach dem Besuch des ehemaligen Wohnhauses in Medellín machen wir uns auf den Weg zu Pablo Escobars Gefängnis "La Catedral". Nachdem die Regierung im Jahr 1991 ein Gesetzt verabschiedet hatte, welches die Auslieferung von Drogenkriminellen nach Amerika verhindert, liefert sich Escobar höchst persönlich selbst den Behörden aus. Mit einem Privatvermögen von knapp 30 Milliarden USD ist er zu dieser Zeit einer der reichsten Menschen der Welt. Und so läuft die Auslieferung natürlich nach seinen Vorgaben ab. Im Vorfeld der Auslieferung baut er sich sein eigenes Gefängnis. Neben etlichen Schlafzimmern hatte das "Hotel Escobar", wie das Gefängnis auch genannt wurde, einen Fußballplatz, eine Bar, Jacuzzi, einen Wasserfall und vieles mehr. Escobar leitete weiterhin sein Cartel von seinem Gefängnis aus, was von den Behörden lange Zeit einfach hingenommen wurde, doch als auf dem Grundstück vier Menschen gefoltert und ermordet wurden, konnten auch die kolumbianischen Behörden nicht mehr ihre Augen verschließen. Escobar sollte in ein herkömmliches Gefängnis verlegt werden, doch als das Gelände mit Blutvergießen gestürmt wurde, wusste Pablo schon längst von dieser Entscheidung und war schon längst verschwunden. Man vermutet, dass er einfach über die Hintertür aus seinem Gefängnis spaziert ist. Unser Guide zeigt uns aber noch einen Fluchttunnel, welchen Pablo extra für solche Notfälle installieren ließ. Das Gelände und die ganze Geschichte kommen uns surreal vor. Man kann sich die Macht eines solchen Menschen nur schwerlich vorstellen. "La Catedral" war eher ein schwerbewachtes Luxusanwesen als ein Gefängnis im eigentlichen Sinne... 

Heute wird das Anwesen von Benedektiner Mönchen verwaltet und dient teilweise als Altersheim und meditativer Rückzugsort. 

Medellín - Pablo Escobar Tour - La Catedral Gefängnis

Medellín - Pablo Escobar Tour - La Catedral Gefängnis

Medellín - Pablo Escobar Tour - La Catedral Gefängnis

Medellín - Pablo Escobar Tour - La Catedral Gefängnis

Medellín - Pablo Escobar Tour - La Catedral Gefängnis

Medellín - Pablo Escobar Tour - La Catedral Gefängnis

Nach dem Besuch von La Catedral besuchen wir das Grab von Pablo Escobar. Ein Gärtner sieht täglich nach dem Rechten. Das Grab dieses Kriminellen zu besuchen fühlt sich fremd und falsch an. Stattdessen gebührt eigentlich den Gräbern all jener gefallener Helden ein Besuch, welche ihre Leben im Kampf gegen Escobars Übermacht gegeben haben, um den Drogenbaron zu Fall zu bringen. Ein Tag ist zu kurz, um all das Leid zu begreifen, welches dieser Mensch über Kolumbien und die Welt gebracht hat, ein Friedhof zu klein, um alle Leichen der Menschen zu beherbergen, welche durch die Willkür und Schreckens-Herrschaft Escobars ihr Leben lassen mussten.

Medellín - Pablo Escobar Tour - Grab von Escobar

Medellín - Pablo Escobar Tour - Grab von Escobar

Medellín - Pablo Escobar Tour - Grab von Escobar

Medellín - Pablo Escobar Tour - Grab von Escobar

Schließlich besuchen wir das Haus, in welchem Pablo Escobar seine letzten Stunden verbrachte. Da es damals noch keine Smartphones gab, war das Aufspüren von Personen nicht so einfach wie es heute ist. Durch Triangulation konnte der Standort grob ermittelt werden. Obwohl Escobar die Risiken langer Telefonate kannte, war er überheblich genug zu glauben, man würde ihn nicht finden, als er im Dezember 1993 mit seiner Familie telefonierte. Er wurde an einem Fenster in einem Wohngebäude im Stadtbezirk Los Olivos von Einheiten der Spezialeinheit "Search Bloc" aufgespürt und bei seiner Flucht über das Dach des Hauses erschossen. 

Medellín - Pablo Escobar Tour - Letzter Aufenthaltsort Escobars

Medellín - Pablo Escobar Tour - Letzter Aufenthaltsort Escobars

Was ist geblieben von dem einst so mächtigen Drogenbaron? Neben der blutigen Statistik, einigen Legenden und einer Netflix Serie nicht viel... Was von Escobars Familie noch übrig ist, lebt heute in einfachen Verhältnissen in Argentinien. Der Großteil Escobars Reichtums ist in den verschiedensten Kanälen verschwunden oder verrottet unter der Erde auf einem seiner ehemaligen Grundstücke. Noch heute werden von den Behörden die konfiszierten Grundstücke mit Argus Augen bewacht und kontrolliert. Im Jahr 1989, drei Jahre vor seinem Tod, war Escobar laut Forbes Magazine mit einem Privatvermögen von 2,7 Milliarden USD der siebtreichste Mann der Welt und kontrollierte 80 Prozent des internationalen Kokainmarktes. Laut neueren Schätzungen wurde sein Nettovermögen 1990 auf 25 bis 30 Milliarden USD geschätzt. Da er nicht mehr wusste wohin mit dem ganzen Bargeld, vergrub er etliche Milliarden auf seinen Anwesen. 1979 kaufte Escobar für 63 Millionen USD eine 3.000 Hektar große Ranch bei Puerto Triunfo am Río Magdalena und machte daraus einen luxuriösen Landsitz. Der Besitz umfasste einen Flugplatz, einen Hubschrauberlandeplatz, eine Stierkampfarena, sechs Swimmingpools, ein gynäkologisches Untersuchungszimmer, künstliche Seen für Wasserski und ein komplettes Straßennetz. Für seinen Zoo auf der Hacienda ließ Escobar Elefanten, Büffel, Löwen, Nashörner, Gazellen, Zebras, Flusspferde, Kamele und Sträuße einfliegen. Nachdem 2007 Räuber nach legendären Reichtümern gesucht und sie geplündert hatten, wurde aus der verfallenen Villa ein Freizeitpark „Parque Temático Hacienda Nápoles“. Die vier ursprünglich von Escobar ausgesetzten Flusspferde fühlen sich im tropischen Regenwaldklima von Kolumbien wohl und vermehren sich stark. Bis ins Jahr 2018 ist die Kolonie auf 50 bis 60 Tiere angewachsen und stellt heute zunehmend eine Gefahr für Anwohner, aber auch einheimische Tierarten dar. 

Medellín - Pablo Escobar Tour - Streetart


Dem Kokainhandel hat auch Escobars Tod nicht groß geschadet. Das Cali Kartel übernahm weite Teile des Geschäfts bevor auch dieses durch die Behörden und Militärs zu Fall gebracht wurde. Heute ist der Kokainmarkt größer als je zuvor. Jedoch kontrolliert nicht eine Organisation, so wie in Escobars Zeiten, 80% des Marktes. Vielmehr ist er aufgeteilt und konkurrierende Banden liefern sich nach wie vor einen blutigen Kampf. Bauern werden von Milizen enteignet, wenn sie sich weigern Coca Pflanzen anzubauen, Entführungen, Erpressung und Mord ist nach wie vor an der Tagesordnung. Es wird noch lange Zeit brauchen, bis Kolumbien seine Transformation abgeschlossen und Gewalt und Drogenhandel in seine Schranken gewiesen hat. Wir wünschen dem Land und seinen freundlichen Menschen, dass sie aus ihrer Geschichte lernen und es schaffen sich gemeinsam zu wehren gegen diese grausame und harte Drogenkriminalität. 

Alle Bilder und Videos unserer Pablo Escobar Tour findet ihr hier: Medellín - Pablo Escobar Tour

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